Dienstag, 21. Juni 2005

Vermissen

werde ich sie, die Abende in der VOLKSBÜHNE. Die Spielsaision nur mehr ein paar Tage, nur mehr ein paar Tage Zeit um ganz locker ins Theater zu gehen, ein Bier in der Tasche, keinen Stress zu haben, weil ich noch schnell zur Toilette muss, denn hier kann ich jederzeit raus und rein. Nur mehr ein paar Tage Gelegenheit um in der ersten Reihe zu sitzen und von einem Gorilla mit Popcorns beworfen zu werden. Nur mehr wenige Stunden, in denen ich zuschauen kann, wie Theater infrage gestellt wird, wie man sich von festen Formen verabschiedet, wie eine Frau in einem Schrank sitzt und 10 min nur schreit, wie sich eine andere Schauspielerin ständig mit Wasser begießt und sich auf der Bühne umzieht, wie zwei nackte Männer, die Sterne darstellen über die Bühne rennen.
Einmal werd ichs noch schaffen hinzugehen und dem Corrupter of words zu lauschen, um ein Theater, frei von allen Konventionen zu sehen.
Vermissen werde ich das und schon bald viel mehr...

Donnerstag, 16. Juni 2005

Erstickungsgefahr

Sie kommen, sind eigentlich schon immer da gewesen, waren nie wirklich weg. Sie sind schwärmende Schwärme, die sich wie Insekten in und um die Hackeschen Höfe verteilen und an jedem Schaufenster kleben bleiben, sodass man selber nicht mehr ungestört seine Wege gehen kann und in ihren Gedanken "der unfreundliche Berliner" ist, ständig in Eile, sich durchboxend ohne ein Wort der Entschuldigung. Derweil sind es sie, die stören, die in der S-Bahn, in der U-Bahn, in der Straßenbahn nur über eines reden können: über den Preis, über das Schnäppchen, über den KAUFHOF, über das KAUFLAND. Die Touristen, die in Berlin ein riesiges Einkaufszentrum sehen, in dem sie einen Stau an der Kasse verursachen und die Stadt verstopfen, sodass sie nicht mehr atmen kann.

Dienstag, 14. Juni 2005

Nassgrau

Grau und versteinert konnte man sie in den letzten Tagen überall sehen. In der S-Bahn, im Supermarkt, auf der Straße. Die Halbtoten. Mit müden Gesichtern schleppten sie sich durch die Stadt. Unfreundlich reagierten sie auf jede Kleinigkeit, die ihr vor sich hin dämmern störte. Am Tag litten alle, die Nächte waren auszuhalten. In der Nacht war das grau des Himmels nicht zu sehen und nach ein wenig Seelenalkohol die Nässe nicht zu spüren.

Doch heute reflektiert sich die Sonne in der Kuppel des Fernsehturms und langsam sind sie aufgewacht und alle haben ihre Sandalen angezogen und ihre kurzen Röcke und Hosen und bevölkern die Stadt. Manche räkeln sich noch misstrauisch und reiben sich die Augen, ob es wirklich Sommer wird?

Montag, 6. Juni 2005

Jannowitzbrücke

12 Uhr mittag, ich passiere in der S-Bahn sitzend (wie eigentlich jeden Tag) die Station JANNOWITZBRÜCKE. Schnell auf die linke Seite zur Spree GUCKEN und die abstoßenden Hochhäuser und die ewige Baustelle auf der rechten Seite ignorieren. Froh sein hier nicht aussteigen zu müssen, obwohl die Liegestühle an der Spree von weitem verführerisch hinüber blinken, aber die riesigen Hochhäuser lassen mich frösteln und ich bleib sitzen.
23 Uhr abends und ich steige an der JANNOWITZBRÜCKE aus, der Grund dafür...eine Party. Also wiederwillig aber in Vorfreude auf die Party aussteigen und an der dunklen Spree entlang LAUFEN, zur Party.
4 Uhr früh, mit schweren Beinen die Treppen zur S-Bahn Station JANNOWITZBRÜCKE hinauf schleichen, am "Sweet Choclate" vorbei, einem Club für die Schicken, den man nur an der JANNOWITZBRÜCKE erwartet. Auf der Bank sitzen und auf die S-Bahn warten, bis plötzlich...ein als Vampiere verkleidetes Pärchen an mir vorbei spaziert und bevor ich noch denken kann, dass so etwas nur an der JANNOWITZBRÜCKE passiert kommt eine Gruppe von Transvestiten an, Männer mit Frauenfrisuren, hohen Stiefeln und knappen Röcken, sie lachen und posieren und fotographieren sich und ich befinde mich mitten drin. Also schnell in die S-Bahn, die endlich kommt und drin sitzen nur kiffende Männer, zumindest glaube ich das, denn die Graswolke, die mir entgegen kommt haut mich fast um, nebelt mich ein...trägt mich nach Hause.
10 Uhr viel zu früh und ich passiere die JANNOWITZBRÜCKE. Ein PENNER steigt ein und bittet um Aufmerksamkeit: "Liebe Leute, ich möchte ein Gedicht vortragen, warum ich heute hier stehen muss und nicht zur Arbeit gehen kann.." Meine Spende hat er sicher, wer sich der Lyrik zuwendet, der wirds irgendwann besser haben...denke ich schläfrig und starre in die Spree.

Dienstag, 31. Mai 2005

Publikumsgespräch

Versammlung im Theaterhaus Mitte im Salon zum Publikumsgespräch. Mit tiefer Trauer im Herzen sitze ich da, tief bewegt. "I feel sad", flüstert mir der Pole zu, der fast kein Wort verstanden hat.
Und gegenüber von mir sitzt sie, eine zarte Frau, die mich eine Stunde lang beglückt und begeistert hat, ganz allein, sie und ein paar Puppen dazu, denen sie Leben einhauchte.
"Das Glück hätte ich mir anders vorgestellt", darüber wird jetzt geredet. "Zu viel Text", sagen die Deutschen, "aber witzig" und ich fühl mich schwer und melancholisch. "Ich musste lachen", so ein anderer und ich kann nicht mehr.
"Wo habt ihr denn das Stück noch aufgeführt?" die Frage und die Antwort: "In Österreich" und alle lachen sich kaputt. "Jaja, die Österreicher sind anderes!" sagt einer ohne Erklärung und ich versinke im Stuhl.
"Tot ist man länger als lebendig, also braucht man im Tod mehr Glück als im Leben" so der Schlusssatz des Stückes...macht selber was daraus!
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Co & Bi Redakteurin Gabi Wild in Berlin

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